Theater-AG am Gymnasium Großburgwedel - Anmerkungen eines Beteiligten

von Rafael Rybandt

Zehn Jahre –zehn Stücke

Seit 1986 existiert die von Wolfgang Grüne geleitete Theater AG am Gymnasium Großburgwedel. Schon früher gab es Theatergruppen an unserem Gymnasium, und Namen von verantwortlichen Leitern wie Garbe, Schulze, Lackner, Reuper und Dutschke sind untrennbar mit den großen Erfolgen dieser Gruppen verbunden. Wer beispielsweise erinnerte sich nicht - zumindest von den Älteren - an die großartige, von Axel Dutschke und UIi Reuper besorgte Aufführung von Borcherts "Draußen vor der Tür" vor 16 Jahren? Oder- anders herum gefragt - wer erinnert sich noch an die von Herrn Garbe vor vielen, vielen Jahren inszenierte "Faust"-Aufführung auf den Brettern, die auch den Schülern die Welt bedeuten?

Neustart mit Dostoevskijs "Die Dämonen"

Im Jahre 1986 - nach einigen Jahren Pause -war es dann wieder soweit: Unter einem neuen Leiter nahm die AG, angestoßen durch Initiative von Schülerseite, ihre Arbeit auf. Das erste Stück -angeregt durch den gerade die Welt aufschreckenden Mord an Schwedens Premier Olof Palme -sollte Camus' Bearbeitung des das Phänomen des Terrorismus analysierenden Dostoevskij- Romans "Die Dämonen" werden und damit eine Reihe anspruchsvoller Stücke eröffnen, die in jedem Frühjahr nach rund achtmonatiger Probenzeit dem Publikum in der wunderschönen Aula des Gymnasiums vorgestellt wurden: 1987 Camus' "Die Besessenen", 1988 Goethes Faust (1), 1989 Gogols "Der Revisor", 1990 Shakespeares "Hamlet", 1991 Brechts "Leben des Galilei", 1992 Dürrenmatts "Die Physiker", 1993 Schillers "Kabale und Liebe", 1994 Camus' "Der Belagerungszustand", 1995 Dostoevskijs "Der Idiot". Die Theater AG hat sich inzwischen zu einer festen Institution entwickelt, die das aktive Schulleben bereichert. Doch was macht ihren Zauber aus?

Gruppenerlebnis Theater AG

Ist es etwa der Versuch, zeitfremde Stücke für Schüler interessant zu machen oder Schulfreunde in anderen Rollen zu sehen? Dies trägt sicher zum Erfolg der Aufführungen bei - doch es ist in erster Linie wohl Anerkennung für das Engagement von Schülerinnen und Schülern, etwas für die eigene Schule zu tun. Es ist nicht immer so einfach, Menschen für eine Sache zu mobilisieren. Trotzdem raffen sich immer wieder Jugendliche auf, gegen diese - auch die eigene -Trägheit etwas zu Unternehmen. Dabei spielt die Gemeinschaft eine tragende Rolle, und die wird in der Theater AG groß geschrieben. Verständlicherweise gibt es am Anfang einer jeden Probenzeit eine gewisse Unsicherheit und Distanz, wenn die Neuen hinzukommen, doch diese Mauer hält nicht lange stand, und sie beginnt mit der kontinuierlichen, anstrengenden und witzigen Probenarbeit zu bröckeln, so daß spätestens nach dem zweiten Probenwochenende die Gruppe eine Einheit bildet.

Aller Anfang...

Doch natürlich ist jeder Anfang schwer, und so muß bei jedem Neumitglied von vorne mit der Arbeit begonnen werden: Deutlichkeit in der Aussprache, Gestik, Mimik, der Gang - all diese Komponenten des Schauspiels müssen erarbeitet werden. Ist dieses erreicht, wird die Kulisse in Eigenregie entwickelt und gebaut. Dies ist auch ein Vorteil der Theater AG. Viele Wünsche und Vorstellungen werden beraten und in der Gruppe ausdiskutiert. Zugleich näht schon die gute Seele der Theater AG, Sabine Grüne, originalgetreue, maßgeschneiderte Kostüme. Und dann, wenn es Ernst wird, kommen weitere unentbehrliche AG-ler hin- zu: die Beleuchterriege, die unter Streß-Hochdruck arbeiten muß und manches Mal noch Minuten, bevor der Vorhang sich hob, die Beleuchtungsanlage wieder repariert hat - mitunter sogar, vom Zuschauer unbemerkt, während die Aufführung lief. Die Beleuchtungsanlage in der Aula des Gymnasiums ermöglicht effektvolle Lichtgestaltung, die für die Wirkung eines Theaterstückes von unerhörter Bedeutung ist. Und was wäre eine Theateraufführung ohne die Maske - seit Jahren von Sabine Grüne ebenso gekonnt realisiert wie die Kostüme, wobei sie mit vier Schülerinnen als weitere Maskenbildnerinnen wahre Wunderwerke der Veränderung an den Schauspielern vollbringt. Auch hier gilt es, regelmäßig neue Mitarbeiter einzuarbeiten, denn länger als maximal 3 -4 Jahre stehen die Schminkkünstlerinnen der AG nicht zur Verfügung. Auch das Vorhandensein von Requisitenartikeln oder Möbelstücken will bedacht und verwirklicht sein:

Generationen von Schülereltern haben ihre Möbel auf der Bühne des Gymnasiums wieder sehen können, und was die Requisite betrifft, so gab es auch hier im Laufe der Jahre immer wieder Engagierte, die Taschenuhren, Palmwedel, Pistolen, Säbel u. ä. zur Verfügung stellten. Vieles aber muß immer wieder neu hergestellt werden: So erlebt der Besucher der „Pension Schöller“ in diesem Jahr die Auferstehung von alten Zeitungen, die historisch originalgetreue oder originalgetreu wirkende Gestalt bekommen müssen: So etwa das "Militärwochenblatt", nach dem in der allerersten Szene der aus der Armee entlassene Major a. D. so laut verlangt All diese Faktoren: Schauspieler, Bühnenbild, Kostüme, Maske, Licht, Requisiten, Musik - sie sind die Garanten für eine selbständiges und attraktives Schülertheater, das sich sehen lassen kann. Und so heißt es auch in diesem - dem zehnten Jahr - wieder: Vorhang auf!

Und allen Zuschauern, den alten Getreuen ebenso wie denen, die jetzt erst dazukommen, wünschen wir:


Herzlich Willkommen in der PENSION SCHÖLLERl